Kündigung in der Probezeit mit verlängerter Kündigungsfrist erlaubt?

Ein Mandant erhielt eine Kündigung in der Probezeit. Im Arbeitsvertrag war eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, in der mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden konnte. Ganz regelgerecht nach § 622 Abs. 3 BGB. Der Arbeitgeber nutzte diese Frist aber nicht, sondern schrieb in der Kündigung

[…] hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis während der Probezeit ordentlich fristgemäß zum Ablauf des 31.03.2016.
Die verlängerte Kündigungsfrist dient ausschließlich dem Zweck, Ihnen eine weitere Bewährungschance zu eröffnen.“

Ingesamt wurde das Arbeitsverhältnis um drei Monate verlängert. Die Probezeit hätte zum 31.12.2015 geendet. Ab dem 01.01.2016 setzte der Kündigungsschutz ein. Wenn der Arbeitgeber Ende Februar mit einer Frist von vier Wochen zum 31.03.2016 gekündigt hätte, dann hätte er einen Kündigungsgrund benötigt.

Wird durch die „Bewährungszeit“ der Kündigungsschutz ausgehebelt?

Das Bundesarbeitgericht sagt „nein“. In der Entscheidung vom 07.03.2002 – 2 AZR 93/01 – formulierte es:

Während der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG gilt der Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Der Arbeitgeber kann also dem Arbeitnehmer regelmäßig noch am letzten Tag der Wartefrist ordentlich kündigen. Sieht der Arbeitgeber die sechsmonatige Probezeit als nicht bestanden an, so kann er regelmäßig, ohne rechtsmißbräuchlich zu handeln, anstatt das Arbeitsverhältnis innerhalb der Frist des § 1 Abs. 1 KSchG mit der kurzen Probezeitkündigungsfrist zu beenden, dem Arbeitnehmer eine Bewährungschance geben, indem er mit einer überschaubaren, längeren Kündigungsfrist kündigt und dem Arbeitnehmer für den Fall seiner Bewährung die Wiedereinstellung zusagt. Die Einräumung einer Kündigungsfrist von vier Monaten, die unterhalb der längsten tariflichen Kündigungsfrist liegt und dem Arbeitnehmer nur die Chance einer weiteren Bewährung und die Möglichkeit einer Bewerbung aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus bietet, ist dabei angesichts des Zwecks der längeren Kündigungsfrist nicht zu beanstanden. Ob eine Verlängerung der Kündigungsfrist, die allein oder überwiegend im Interesse des Arbeitgebers liegt oder die längste tarifliche Kündigungsfrist überschreitet, zu beanstanden wäre, hat der Senat nicht zu entscheiden.

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern folgte dem BAG im Urteil vom 24.06.2014 – 4 Sa 94/14:

Wird die Kündigung gegen Ende der vereinbarten Probezeit mit einer Frist von 4 Monaten zum Monatsende ausgesprochen, handelt es sich noch um eine überschaubar längere Kündigungsfrist im Sinne der Rechtsprechung des BAG.

Das LAG Baden-Württemberg setzte sogar noch einen drauf und schrieb im Urteil vom 06.05.2015 – 4 Sa 94/14:

Einer „verbindlichen“ Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung bedarf es nicht.

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