Der Anwalt ist auch Jäger, ich jedenfalls. Erstrittene Urteile montiere ich zwar nicht auf Holzbrettchen und hänge sie an die Wand, sie werden aber archiviert. Beim Frühjahrsputz fiel mir dieses Urteil wieder in die Hände: Der Arbeitgeber hatte den Beschäftigten den Sonntagszuschlag gestrichen. Er meinte, er dürfe das. Wir meinten, er dürfe das nicht. Also trafen wir uns vor Gericht. Insgesamt führten wir drei Musterprozesse, da es drei verschiedene Arbeitsverträge gab. Diese waren im Laufe der Jahre immer einmal aktualisiert worden. Alle drei Prozesse gingen zugunsten der Kläger aus, alle Mitarbeiter erhalten jetzt wieder ihre Zuschläge.
Worum wurde gestritten
Die Sonntagszuschläge waren nicht im Arbeitsvertrag vereinbart, sie wurden einfach gezahlt. So entstand eine betriebliche Übung. Der Arbeitgeber berief sich nun auf den Arbeitsvertrag, in den er geschrieben hatte, dass Sonderzahlungen freiwillig und mündliche Nebenabreden nichtig sind. So geht´s aber nicht. Ein Zuschlag ist nun mal keine Sonderzahlung, sondern laufendes Gehalt. Das kann man nicht einfach streichen. Auch der Hinweis auf die vorgeschriebene Schriftform nützte nichts. Sie kann zwar das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern. Man darf aber nicht dazuschreiben, dass mündliche Nebenabreden nichtig sind. Das sind sie nämlich nicht, sie gehen als individuelle Vereinbarung immer vor. Täuscht man durch diese Formulierung den Arbeitnehmer über seine Rechte, ist die gesamte Klausel unwirksam.
Das Urteil ist rechtskräftig (Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 18.08.2011 – 1 Ca 1530/11).
Arbeitsgericht Essen
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
[…]
hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Essen auf die mündliche Verhandlung vom 18.08.2011 durch den Richter […] sowie den ehrenamtlichen Richter […] und den ehrenamtlichen Richter […]
für R e c h t erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 70,93 € brutto zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen 25%-igen Zuschlag für Sonntagsarbeit zu zahlen.
T a t b e s t a n d:
Die Parteien streiten über die Zahlung eines Sonntagszuschlags aufgrund betrieblicher Übung.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 17.05.2005 als Küchenhilfe zu einer Bruttostundenvergütung von 7,63 € tätig. Im Arbeitsvertrag vom 15.12.2005 vereinbarten die Parteien unter anderem Folgendes:
“ § 2.4: Alle sonstigen Sonderleistungen geldlicher oder sachlicher Art werden, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wird, freiwillig gewährt. Auch bei mehrmaliger Gewährleistung entsteht kein Rechtsanspruch des/der Arbeitnehmer(in) auf derartige Leistungen für die Zukunft…
§ 12.1 Die Aufhebung, Abänderung und Ergänzung des Arbeitsvertrags hat nur Gültigkeit, wenn sie schriftlich vereinbart wird. Mündliche Nebenabreden sind nichtig. Auch ein Verzicht auf die Schriftform ist nur unter Einhaltung der Schriftform wirksam…“
Bei dem Arbeitsvertrag handelt sich um einen Formulararbeitsvertrag, welcher mehrfach verwendet wurde.
Auf das Arbeitsverhältnis findet der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Gaststätten- und Hotelgewerbe des Landes Nordrhein-Westfalen Anwendung.
Der Kläger ist ausschließlich im Objekt K. tätig. Dort betreibt die Beklagte mit der K.W. einen gemeinsamen Betrieb, wobei die Beklagte für die Herstellung der Verpflegung zuständig ist und die K.W. für Spüldienstleistungen.
Bis auf bei Neueinstellungen erhielten die Arbeitnehmer bei der Beklagten bis Ende 2010 einen Zuschlag zur Sonntagsarbeit in Höhe von wenigstens 25 % des Bruttostundenentgeltes. Diesen Zuschlag zahlt die K.W. nicht.
Ende 2010 äußerte der Betriebsrat seinen Unmut über die unterschiedliche Vergütung im gemeinsamen Betrieb, woraufhin von der Beklagten und der K.W. auf alle Mitarbeiter der Manteltarifvertrag für das Gaststätten- und Hotelgewerbe des Landes Nordrhein-Westfalen angewendet wurde. Die Beklagte stellte die Zahlung des Sonntagzuschlages an alle Mitarbeiter zu Beginn des Jahres 2011 ein.
Im Januar 2011 arbeitete der Kläger an den Sonntagen am 02.01.2011, am 16.01.2011 und am 30.01.2011 insgesamt 22,35 Stunden. Am Sonntag den 27.02.2011 arbeitete der Kläger 7,42 Stunden. Am Sonntag den 13.03.2011 ebenfalls 7,42 Stunden.
Die Zahlung des Zuschlags für den Monat Januar 2011 machte der Kläger im Februar 2011 bei der Beklagten geltend. Eine Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche insgesamt erfolgte ferner mit Schriftsatz vom 09.05.2011
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 70,93 € brutto zu zahlen.
2. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch ab April 2011 den 25%-igen Zuschlag für Sonntagsarbeit für Sonntagsarbeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
II.
Die Klage ist auch begründet.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte für die geleistete Sonntagsarbeit einen Anspruch auf Zahlung eines Zuschlags i. H. v. 70,93 € brutto gemäß § 611 BGB i. V. m. dem Rechtsinstitut der betrieblichen Übung.
a)
Unter einer betrieblichen Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmer einer bestimmten Gruppe schließen können, ihnen soll eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche des Arbeitnehmers auf die üblich gewordenen Leistungen. Eine betriebliche Übung ist für jeden Gegenstand vorstellbar, der arbeitsvertraglich in einer so allgemeinen Form geregelt werden kann. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen durfte. Eine betriebliche Übung kann auch durch Duldung des Arbeitgebers entstehen (BAG vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07, AP Nr. 35 zu § 307 BGB; BAG vom 11.04.2006 – 9 AZR 500/05, AP Nr. 1 zu § 667 BGB)).
Eine allgemeinverbindliche Regel, ab welcher Anzahl von Leistungen ein Arbeitnehmer auf die Fortgewährung auch an ihn schließen darf, gibt es nicht. Es ist auf die Art, Dauer und Intensität der Leistungen abzustellen. Dabei kommt es auch auf die Zahl der Anwendungsfälle im Verhältnis zur Belegschaftsstärker oder Stärker einer begünstigten Gruppe an. Ferner sind neben der Bewertung der Relation von Anzahlung und Wiederholungen und Dauer der Übung auch Art und Inhalt der Leistungen einzubeziehen (BAG vom 21.01.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310; BAG vom 11.04.2066 – 9 AZR 500/05, AP Nr. 1 zu § 667 BGB).
b)
Unstreitig wurde nicht nur dem Kläger von der Beklagten, sondern bis auf bei Neueinstellungen sämtlichen Mitarbeitern bei Sonntagsarbeit ein Zuschlag zum Bruttostundenentgelt gezahlt und dies zumindest seit dem Beschäftigungsbeginn des Klägers am 17.05.2005. Die Zahlungen erfolgten bis zum Ende des Jahres 2010. Darin ist ein entsprechendes Angebot an die Arbeitnehmer zu sehen, bei welchem davon auszugehen ist, dass sie es zumindest stillschweigend angenommen haben. Das später bei Neueinstellungen kein Sonntagszuschlag mehr gezahlt worden ist, steht dem nicht entgegen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die betriebliche Übung bereits entstanden. Insoweit macht auch die Beklagte im Kammertermin nicht geltend, dass bereits diese Voraussetzung der betrieblichen Übung nicht vorlägen.
c)
Der Entstehung der betrieblichen Übung steht der Freiwilligkeitsvorbehalt in § 2.4 des Arbeitsvertrags nicht entgegen.
aa)
In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der sich nicht in dem bloßen Hinweis erschöpft, dass sich der Arbeitgeber „freiwillig“ zur Erbringung der Leistung verpflichtet, ohne dazu durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz gezwungen zu sein, wirksam das Entstehen eines Rechtsanspruchs des Zuwendungsempfängers auf künftige Sonderzahlungen hindern kann. Der Arbeitgeber kann außer bei laufenden Arbeitsentgelt grundsätzlich einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf einen Aussicht gestellte Sonderzahlung ausschließen und sich die Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er künftig Sonderzahlungen gewährt (BAG vom 21.01.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310).
Bei einem klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf die Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung i. S. v. § 308 Nr. 4 BGB. Dies gilt auch dann, wenn die Sonderzahlung ausschließlich im Bezugszeitraum geleistete Arbeit zusätzlich vergütet. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung wird auch in diesem Fall nicht eingeschränkt oder sonst verändert. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung wird unabhängig von dem mit der Sonderzahlung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet. Es mangelt an einem Angebot des Arbeitgebers i. S. v. § 151 BGB, das der Arbeitnehmer annehmen könnte. Mit Formulierungen, dass aus der Leistung einer Sonderzahlung keinerlei Rechte hergeleitet werden können oder wiederholte Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründen, macht der Arbeitgeber hinreichend deutlich, dass er gerade keine Rechtsfolge im Sinne einer Erfüllungspflicht herbeiführen will. Deshalb verstößt ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der einen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung ausschließt, auch nicht gegen den allgemeinen Grundsatz „pacta sunt servanda“ (Verträge sind einzuhalten), weil es zu keiner verbindlichen Zusage der Sonderzahlung gekommen ist. Ein Anspruch entsteht nur auf die jeweils zugesagte Sonderzahlung. Mit der Zahlung erlischt dieser Anspruch (BAG vom 21.01.2009 – 10 AZR 219/08, NZA 2009, 310).
bb)
Vorliegend wird der Zuschlag für Sonntagsarbeit jedoch nicht vom Wortlaut des im Arbeitsvertrag vereinbarten Freiwilligkeitsvorbehaltes erfasst. Es handelt sich um keine Sonderleistung, sondern um laufendes Arbeitsentgelt.
Maßgeblich für die Unterscheidung dafür, ob es sich um eine Sonderzahlung handelt, ist, ob sie zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt gewährt wird. Das Erfordernis einer zusätzlichen Leistung ist bei Zahlungen, die aus einem bestimmten Anlass, z.B. einem Jubiläum oder an Weihnachten, oder nur einmal im Jahr erfolgen, in aller Regel erfüllt. Aufgrund der Vielzahl möglicher Fallgestaltungen bei der Zahlung der laufenden Vergütung, die regelmäßig monatlich erfolgt aber nicht monatlich erfolgen muss und bei der Gewährung von Sonderzahlungen, die unterschiedliche Ziele verfolgen können und oft jährlich gewährt werden, aber auch mehrmals im Kalenderjahr geleistet werden können, ist eine allgemein gültige Abgrenzung zwischen einer laufenden Zahlung der Sonderzahlung allerdings nicht möglich (BAG vom 30.07.2008 – 10 AZR 606/07, AP Nr. 274 zu § 611 BGB Gratifikation).
Im Zusammenhang mit § 4 EFZG hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass Sonntagszuschläge zusätzliche Leistungen für die an Sonntagen zu leistende besonders lästige bzw. belastende Arbeit sind und, dass sie Entgelt seien. Dort erfolgten die Ausführungen allerdings im Wege der Abgrenzung zur Aufwendung i. S. d. § 4 Abs. 1a S.1 EFZG (14.01.2009 – 5 AZR 89/08, EzA § 4 EntgeltfortzG Nr. 14). Im Zusammenhang mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt sah das Bundesarbeitsgericht eine Zulage als laufendes Arbeitsentgelt an, wenn es sich um eine zugesagte Zulage handelt. Der Umfang der zugesagten Leistung ist unerheblich (BAG vom 24.04.2007 – 5 AZR 627/06, AP Nr. 7 zu § 308 BGB). Nach dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gilt diese Rechtsprechung auch für Zuschläge (LAG Berlin-Brandenburg – 19.02.2009 – 20 Sa 2078/08, juris).
cc)
Es handelt sich bei dem Sonntagszuschlag um einen Zuschlag, der regelmäßig gezahlt wurde, soweit Sonntagsarbeit erfolgt ist. Allein im sich über drei Monate erstreckenden streitgegenständlichen Zeitraum hat der Kläger an fünf Sonntagen gearbeitet, je Monat mindestens einmal. Mit dem Zuschlag wird an eine ganz konkrete Arbeitsleistung angeknüpft, bzw. an ganz konkrete Umstände der Arbeitserbringung. Zwar haben die Parteien weder im Arbeitsvertrag vereinbart, dass es sich bei dem Sonntagszuschlag um laufendes Arbeitsentgelt handelt, noch ergibt sich dies aus dem Tarifvertrag. Auch ist nicht grundsätzlich einen Sonntagszuschlag zu zahlen, weder ist dies gesetzlich vorgesehen, noch wird dies in Tarifverträgen stets entsprechend geregelt. Allerdings ist zu beachten, dass, wenn ein Zuschlag für Sonntagsarbeit gezahlt wird, dieser grundsätzlich als Gegenleistung für eine konkrete Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gesehen wird. Dies verdeutlicht das Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 14.01.2009, in welchem es den Sonntagszuschlag dem Entgelt zuordnet (vgl. 14.01.2009 – 5 AZR 89/08, EzA § 4 EntgeltfortzG Nr. 14). Zwar haben auch Sondervergütungen prinzipiell Entgeltcharakter (BAG vom 23.10.2002 – 10 AZR 48/08, AP Nr. 243 zu § 611 BGB Gratifikation; Preis, in: Erfurter Kommentar, 11. Auflage 2011, § 611 BGB Rdnr. 527 ). Allerdings haben diese grundsätzlich keinen derart konkreten Bezug zu einer bestimmten Arbeitsleistung wie der Sonntagszuschlag. Bei diesem wird ein prozentualer Zuschlag zum Entgelt für konkrete an Sonntagen geleistete Stunden erbracht. Im Gegensatz zu den üblichen Sonderzuwendungen wie Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld lässt sich der Sonntagszuschlag also einer konkreten Arbeitsleistung zuordnet und ist somit laufendes Arbeitsentgelt und wird nicht zusätzlich daneben erbracht.
Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien im Arbeitsvertrag nicht den Sonntagszuschlag vereinbart haben. Wäre der Sonntagszuschlag einerseits im Arbeitsvertrag vereinbart und andererseits unter ein Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt worden, so wäre der Freiwilligkeitsvorbehalt unwirksam (vgl. BAG vom 25.04.2007 – 5 AZR 627/06, AP Nr. 7 zu § 308 BGB; LAG Berlin-Brandenburg – 19.02.2009 – 20 Sa 2078/08, juris).
d)
Der Entstehung einer betrieblichen Übung steht auch nicht die doppelte Schriftformklausel in § 12.1 des Arbeitsvertrages entgegen.
Grundsätzlich kann eine doppelte Schriftformklausel das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern (BAG vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07, AP Nr. 35 zu § 307 BGB).
Die unter § 12.1 des Arbeitsvertrages vereinbarte sogenannte doppelte Schriftformklausel ist jedoch gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
aa)
Zunächst handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. §§ 305 ff. BGB. Im Kammertermin stellte die Beklagte klar, dass sich um einen mehrfach verwendeten Formulararbeitsvertrag handelt.
bb)
Schriftformklauseln sind nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB daran zu messen, ob sie den Arbeitnehmer als Vertragspartner des die Klausel verwendenden Arbeitgebers „unangemessen benachteiligen“. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine formularmäßige Vertragsbestimmung unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07, AP Nr. 35 zu § 307 BGB).
Das Bundesarbeitsgericht hat zuletzt angenommen, dass zumindest ein generelles Verbot von doppelten Schriftformklauseln zweifelhaft ist (BAG vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07, AP Nr. 35 zu § 307 BGB).
Die Wirksamkeit von Schriftformklausel hängt jedoch nach dem Bundesarbeitsgericht von der Ausgestaltung und dem Anwendungsbereich der konkreten Klausel ab. Unwirksam ist eine Schriftformklausel, wenn sie dazu dient, nach Vertragsschluss getroffene Individualvereinbarungen zu unterlaufen, indem sie beim anderen Vertragsteil den Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen § 305b BGB unwirksam. Solche Klauseln sind geeignet, den Vertragspartner von der Durchsetzung der ihm zustehenden Rechte abzuhalten. Die Bedeutung der Schriftformklausel liegt in einer stets unzutreffenden Belehrung über die Rechtslage. Diese Irreführung des Vertragspartners benachteiligt ihn unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 BGB. Der Arbeitnehmer wird davon abgehalten, sich auf die Rechte zu berufen, die ihm aufgrund einer wirksamen mündlichen Vereinbarung zustehen (BAG vom 20.05.2008 – 9 AZR – 382/07, AP Nr. 35 zu § 307 BGB).
Das gilt auch für die doppelte Schriftformklausel. Sieht man es im Hinblick auf § 307 BGB bereits als unzulässig an, Klauseln in Formulararbeitsverträge aufzunehmen, durch die ein genereller Formzwang für individuelle Vertragsänderung begründet werden soll, so kann erst recht eine Verwendung von Klauseln nicht zulässig sein, durch die einem solchen Formzwang ein erhöhter Bestandsschutz verliehen werden soll (BAG vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07, AP Nr. 35 zu § 307 BGB).
cc)
Gemessen an diesen Anforderungen ist die in § 12.1 des Arbeitsvertrages vereinbarte doppelte Schriftformklausel unwirksam. Zunächst sieht sie ausdrücklich vor, dass mündliche Abreden nichtig sind. Damit wird dann Arbeitnehmer der Eindruck erweckt das eine mündliche Abrede entgegen § 305b BGB nicht wirksam ist. Insoweit ist die Klausel unwirksam, der Arbeitnehmer wird unangemessen benachteiligt (BAG vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07, AP Nr. 35 zu § 307 BGB).
dd)
Die Wirksamkeit der Klausel wird auch nicht dadurch erreicht, dass im Wege des so genannten „blue-pencil-test“ der unwirksame Teil gestrichen und die Klausel insoweit aufrechterhalten wird, dass sie die Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung verhindert, § 306 Abs. 1 BGB (vgl. BAG vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07, AP Nr. 35 zu § 307 BGB).
Die Teilbarkeit der Klausel ist mittels einer Streichung des unwirksamen Teils mit einem „blauen Stift“ zu ermitteln (blue-pencil-test). Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Maßgeblich ist, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann für sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen (BAG vom 12.03.2008 – 10 AZR 152/07, AP Nr. 10 zu § 305 BGB).
ee)
Zunächst handelt sich nach § 12.1 des Arbeitsvertrages nicht um mehrere sachliche Regelungen, sondern um eine einheitliche doppelte Schriftformklausel. Aber auch wenn man Satz 2 des § 12.1 des Arbeitsvertrages herausstreichen würde, ergäbe sich keine andere Wertung. Auch dann würde die Klausel den Eindruck erwecken, dass sie mündlichen Abreden entgegensteht. Eine Differenzierung, aus welcher sich etwas anderes ergeben könnte, enthält § 12.1 des Arbeitsvertrages nicht, insbesondere nimmt sie auch dann mündliche Abreden nicht aus.
e)
Danach steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung von 70,93 € brutto als Zuschlag für Sonntagsarbeit zu.
Unstreitig arbeitete der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum insgesamt 37,19 Stunden an Sonntagen. Zu seinem Stundenlohn i. H. v. 7,63 € brutto ist ein Zuschlag i. H. v. 25% zu zahlen.
2.
Entsprechend den obigen Ausführungen ist die Festellungsklage begründet. Die Beklagte ist weiterhin verpflichtet, dem Kläger für Sonntagsarbeit ein Zuschlag i. H. v. 25% zum Bruttostundenentgelt zu zahlen.
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